Mietrecht [16.01.2025]
Schadensersatzpflicht des Mieters wegen Beschädigung der Mietsache aufgrund exzessiven Rauchens trotz Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel
Bei Erforderlichkeit der Erneuerung des Putzes ist Rauchen nicht vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst
Kommt es zu einer Beschädigung der Mietsache aufgrund exzessiven Rauchens, so kann dem Vermieter ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB zustehen. Dies gilt auch dann, wenn die vereinbarte Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist. Auch ein exzessives Rauchen ist nicht mehr vom vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 538 BGB umfasst, wenn dadurch die teilweise Erneuerung des Putzes erforderlich wird. Dies hat das Landgericht Neuruppin entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach dem Ende eines Mietverhältnisses über eine Wohnung in Oranienburg im Januar 2023 ließ die Vermieterin umfangreiche Arbeiten an der Wohnung vornehmen. Der Mieter war starker Raucher. Neben Malerarbeiten musste teilweise der Putz an den Wänden erneuert werden. Die Vermieterin meinte, der Mieter hätte die Schönheitsreparaturen, wie im Mietvertrag vereinbart, durchführen müssen und erhob daher Klage auf Erstattung der Kosten.
Amtsgericht wies Klage auf Kostenerstattung ab
Das Amtsgericht Oranienburg wies die Klage auf Erstattung der Kosten ab und begründete dies damit, dass die vereinbarte Schönheitsreparaturklausel unwirksam sei. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Vermieterin.
Landgericht bejaht Anspruch auf Erstattung der Kosten
Das Landgericht Neuruppin entschied zu Gunsten der Vermieterin. Ihr stehe gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Maler- und Putzarbeiten zu. Der Mieter sei auch ohne vertragliche Übertragung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen zur Beseitigung der Schäden durch das Rauchen verpflichtet.
Überschreitung der Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs durch Rauchen
Zwar gehöre auch übermäßiges Rauchen grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 538 BGB, so das Landgericht. Dies gelte jedoch nur solange sich die Spuren durch einfache Schönheitsreparaturen beseitigen lassen. So lag der Fall hier angesichts der notwendigen Putzarbeiten nicht. Der Schaden durch das Rauchen habe sich nicht allein durch Malerarbeiten beseitigen lassen.
Vorinstanz: Amtsgericht Oranienburg, Urteil v. 09.04.2024 - 21 C 248/23 -
Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema: Durch übermäßiges Rauchen erforderliche Instandsetzungsarbeiten begründen Schadenersatzpflicht des Mieters (Amtsgericht Kandel, Urteil - 1 C 244/14 -)
Landgericht Neuruppin, ra-online (zt/GE 2024, 1198/rb)
Arbeitsrecht [16.01.2025]
Erforderlichkeit eines erneuten bEM bei erneuter Arbeitsunfähigkeit innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines bEM
bEM hat kein Mindesthaltbarkeitsdatum von einem Jahr
Tritt bei einem Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) erneut eine durchgängige oder wiederholte Arbeitsunfähigkeit von länger als sechs Wochen auf, so ist der Arbeitgeber grundsätzlich zu Durchführung eines erneuten bEM verpflichtet. Das bEM hat kein Mindesthaltbarkeitsdatum von einem Jahr. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2020 wurde in Nordrhein-Westfalen ein Arbeitnehmer aufgrund erheblicher Krankheitsausfälle ordentlich gekündigt. Der Arbeitnehmer war im Jahr 2017 an 40 Arbeitstagen, im Jahr 2018 an 61 Arbeitstagen und im Jahr 2019 an 103 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Der Arbeitnehmer erhob gegen die Kündigung Klage. Er war der Meinung vor seiner Kündigung hätte ein bEM durchgeführt werden müssen. Die Arbeitgeberin verwies darauf, dass ein bEM im März 2019 abgeschlossen wurde und insofern kein neues erforderlich gewesen sei.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben Kündigungsschutzklage statt
Sowohl das Arbeitsgericht Düsseldorf als auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gaben der Kündigungsschutzklage statt. Die Kündigung sei unverhältnismäßig und damit unwirksam. Die Beklagte habe nicht darlegen können, dass keine zumutbare Möglichkeit bestanden habe, die Kündigung durch mildere Maßnahmen, wie etwa durch ein erneutes bEM, zu vermeiden. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Beklagten.
Bundesarbeitsgericht hält erneutes bEM für erforderlich
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Der Arbeitgeber habe gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX grundsätzlich ein neuerliches bEM durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines bEM erneut länger als sechs Wochen durchgängig oder widerholt arbeitsunfähig erkrankt. Dabei spiele es keine Rolle, ob nach dem durchgeführten bEM noch kein Jahr vergangen ist. Das bEM habe kein Mindesthaltbarkeitsdatum von einem Jahr.
Mögliche Änderung der Krankheitsursachen, betrieblichen Umstände und Heilverfahren
Es sei nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts zu beachten, dass sich die Krankheitsursachen, die betrieblichen Umstände und die einschlägigen Heilverfahren geändert haben können. Ob das der Fall ist und ob sich daraus ein neuer Ansatz für Maßnahmen zur Vorbeugung vor weiteren Zeiten von Arbeitsunfähigkeit ergibt, könne grundsätzlich nur in einem neuen bEM geklärt werden. Dabei müsse auch der Sinn und Zweck des bEM berücksichtigt werden, der darin liege, durch eine geeignete Gesundheitsprävention das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft zu sichern.
Absehen von erneutem bEM in Ausnahmefällen
Von einem erneuten bEM könne abgesehen werden, so das Bundesarbeitsgericht, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweisen kann, dass auch ein neuerliches bEM schon deshalb kein positives Ergebnis erbracht hätte, weil bereits das vorherige keines ergeben hat und keine relevanten Veränderungen gegenüber dem für den Suchprozess des vorherigen bEM maßgeblichen Stand der Dinge eingetreten sind.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil v. 07.07.2020 - 5 Ca 1108/20 -Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil v. 09.12.2020 - 12 Sa 554/20 -
Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema: Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen bei unterlassenem betrieblichem Eingliederungsmanagement (Bundesarbeitsgericht, Urteil - 2 AZR 755/13 -)
Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)
Verwaltungsrecht / Gaststättenrecht [16.01.2025]
"Automatenshop" darf an Sonn- und Feiertagen nicht länger als drei Stunden öffnen
Automatenshop mit elf Warenautomaten ist als Verkaufsstelle im Sinne des NLöffVZG anzusehen
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat den Antrag der Betreiberin eines "Automatenshops" auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer noch anhängigen Klage abgelehnt. Hintergrund ist eine Anordnung der Stadt Papenburg vom 26. Juni 2024, nach der die Antragstellerin ihre in dem "Automatenshop" befindlichen Verkaufsautomaten an Sonn- und Feiertagen höchstens drei Stunden außerhalb der ortsüblichen Gottesdienstzeiten betreiben darf.
Der streitgegenständliche "Automatenshop" verfügt über elf Automaten, die Rauchwaren, Hygieneartikel, alkoholfreie und alkoholhaltige Getränke sowie Sacks anbieten. Außerdem befinden sich in dem Raum, der durchgehend zugänglich und videoüberwacht ist, ein Kaffee , ein Box- und ein Schlagkraftautomat ("Hau den Lukas") sowie ein Airhockeytisch.
Die Stadt Papenburg meint, dass der "Automatenshop" hinsichtlich der Öffnungszeiten den Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) unterliege. Folglich müsse sich die Antragstellerin an das grundsätzliche Verbot der Sonn- und Feiertagsöffnung halten. Die Behörde ordnete die sofortige Vollziehung ihrer Anordnung vom 26. Juni 2024 an. Der hiergegen gerichtete Eilantrag hat keinen Erfolg.
Automatenshop mit elf Warenautomaten ist als Verkaufsstelle im Sinne des NLöffVZG anzusehen
Die Kammer folgte hier dem Vortrag der Antragsgegnerin. So sei die Anordnung vom 26. Juni 2024 voraussichtlich rechtmäßig. Zwar falle ein einzelner Warenautomat nicht unter die Regelungen des NLöffVZG. Der streitgegenständliche "Automatenshop" mit elf Warenautomaten sei allerdings als Verkaufsstelle im Sinne des § 1 Abs. 1 Alt. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 NLöffVZG anzusehen. So sei der Shop eine Einrichtung, in der von einer festen Stelle aus ständig Waren verkauft werden. Nach § 2 Abs. 1 S. 2 NLöffVZG gehören zu Verkaufsstellen außer Ladengeschäften aller Art auch Kioske. Einem solchen ähnele der "Automatenshop". Es sei hier unerheblich, dass kein persönlicher Verkauf stattfinde. Die grundgesetzlich geschützte Sonn- und Feiertagsruhe sei durch das Angebot dennoch beeinträchtigt. Der Niedersächsische Gesetzgeber habe - bisher - nicht deutlich gemacht, dass automatisierte oder digitale Verkaufsstellen nicht unter diese Regelung fallen sollen.
"Automatenshop" ist kein Gaststättengewerbe
Die Stadt Papenburg hatte darüber hinaus mit einer weiteren Anordnung vom 28. August 2024 die Antragstellerin aufgefordert, eine Gaststättenanzeige i. S. d. § 2 NGastG spätestens bis zum 18. September 2024 einzureichen, sofern sie über ihre Automaten weiterhin Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle anbiete. Die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme wurde ebenfalls angeordnet. Dem hiergegen eingereichten Eilantrag gab die 1. Kammer mit weiterem Beschluss vom 14. Januar 2025 (Az.: 1 B 79/24) statt. So sei nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der streitgegenständliche "Automatenshop" nicht dem Gaststättengewerbe zuzuordnen. Die Einrichtung vermittele nach Aktenlage vielmehr den Eindruck, dass die weit überwiegende Anzahl der Verkaufsgeschäfte mit dem Ziel der Mitnahme erfolge. Insofern sei der Antragstellerin darin beizupflichten, dass der Raum insbesondere wegen des Fehlens von Sitz- oder Abstellmöglichkeiten im Kern keine Anreize setze, sich längerfristig zum Getränkeverzehr dort aufzuhalten, auch wenn er zudem über Vergnügungsautomaten verfüge.
Die Beschlüsse (Az.: 1 B 61/24 und 1 B 79/24) können von der jeweils Unterlegenen binnen zwei Wochen nach Zustellung mit der Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angefochten werden.
Verwaltungsgericht Osnabrück, ra-online (pm/pt)
Vertragsrecht [16.01.2025]
Fernunterrichtsschutzgesetz schützt auch Unternehmer - Vertrag über Online-Coaching zu Kryptowährung ist nichtig
Online-Coaching-Anbieter benötigt Zulassung für das Anbieten von Fernunterricht
Das Landgericht München I hat die Betreiberin einer Plattform für Online-Coaching zur Rückzahlung von 1.500 EUR an eine Kundin verurteilt. Zudem hat das Landgericht München I festgestellt, dass der zwischen Kundin und Anbieterin geschlossene Vertrag nichtig ist. Der beklagten Plattformbetreiberin fehle schon die erforderliche Zulassung für das Anbieten von Fernunterricht.
Die Kundin war zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitigen Vertrages erwerbslos. Sie trug vor, sie sei durch Werbung in sozialen Medien und den mit ihr online verhandelnden Coach, der ihr gegenüber als Finanzexperte auftrat, überrumpelt worden. Mit der Klage verfolgte sie daher das Ziel, sich von diesem Vertrag wieder zu lösen.
Streit um Wirksamkeit des Vertrags
Die Plattformbetreiberin war dagegen der Auffassung, der im Streit stehende Vertrag sei wirksam. Insbesondere sei das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (Fernunterrichtsschutzgesetz – FernUSG) und die dort geregelten Schutzmechanismen nicht auf den Vertrag anwendbar. Denn die Klägerin habe den Vertrag als Existenzgründerin geschlossen und sei daher wie eine Unternehmerin zu behandeln. Außerdem habe sie im Rahmen des Bestellvorgangs aktiv auf ihr Widerrufsrecht verzichtet.
Gericht verurteilt die Beklagte zur Zurückzahlung - Vertrag ist nichtig
Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat die Klage weitgehend zugesprochen. Die klagende Kundin sei von der Beklagten beim Bestellprozess wahrscheinlich schon nicht ausreichend über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. Selbst wenn sie beim Vertragsschluss als Existenzgründerin gehandelt habe, sei der Vertrag jedoch bereits nichtig, da das FernUSG zu ihrem Schutz in diesem Fall auf sie anwendbar sei. Die Beklagte habe der Klägerin Fernunterricht angeboten, ohne über die hierfür erforderliche Erlaubnis zu verfügen.
Fernunterrichtsschutzgesetz schützt auch Unternehmer
Gerade der Schutzzweck des Gesetzes spreche dafür, das Gesetz auch auf Personengruppen anzuwenden, die nicht Verbraucher seien. Geschützt werden sollte nämlich allgemein vor Anbietern, die nicht durch eine staatliche Stelle geprüft wurden und deren Qualität der Bildungswillige schon angesichts der räumlichen Distanz schlechter prüfen kann als bei einer Bildungsmaßnahme in Präsenz.
Die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erwerbslos und in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation gewesen. Selbst wenn unterstellt werde, dass sie sich mit der angebotenen Bildungsmaßnahme eine Existenz im Bereich E-Commerce habe aufbauen wollen, sei ihre Schutzbedürftigkeit nicht wesentlich geringer gewesen als die eines Verbrauchers im Sinne des § 13 BGB.
Damit hat die Klage der Kundin ganz überwiegend Erfolg. Lediglich hinsichtlich eines von der Klägerin geforderten immateriellen Schadenersatzes für den behaupteten Kontrollverlust über ihre Daten im Rahmen des Bestellvorgangs hat das Gericht die Klage abgewiesen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Hintergrund der Entscheidung
Das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (Fernunterrichtsschutzgesetz – FernUSG) regelt in Deutschland Rechte und Pflichten der Anbieter und Teilnehmer beim Fernunterricht. Das Gesetz bestimmt unter anderem, dass Fernlehrgänge einer staatlichen Zulassung bedürfen, und definiert umfassende Informations- und Vertragspflichten für zulassungspflichtige Fernlehrgänge.
§ 7 FernUSG
(1) Ein Fernunterrichtsvertrag, der von einem Veranstalter ohne die nach § 12 Abs. 1 erforderliche Zulassung des Fernlehrgangs geschlossen wird, ist nichtig.
Landgericht München I, ra-online (pm/pt)
Mietrecht [15.01.2025]
Keine vorübergehende Gebrauchsüberlassung bei Anmietung einer Wohnung wegen Studiums
Regelmäßige Dauer eines Studiums spricht gegen Annahme der Kurzfristigkeit
Wird eine Wohnung wegen eines Studiums angemietet, so spricht dies regelmäßig wegen der Dauer eines Studiums gegen eine vorübergehende Gebrauchsüberlassung im Sinne von § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dies hat das Amtsgericht Berlin-Kreuzberg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2022 kam es über eine 34 qm große möblierte 1-Zimmer-Wohnung in Berlin zu einem Mietvertragsschluss. Die Mieterin wollte in Berlin studieren. Das Mietverhältnis wurde zunächst bis Ende Januar 2023 befristet. Im Dezember 2022 kam es zu einer weiteren Verlängerung des Mietverhältnisses bis Ende Juli 2023. Nachfolgend ging die Mieterin vom Vorliegen eines unbefristeten Mietverhältnis aus und weigerte sich daher auszuziehen. Die Vermieterin sah dies anders und erhob schließlich Räumungsklage.
Kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung
Das Amtsgericht Berlin-Kreuzberg entschied gegen die Vermieterin. Ihr stehe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zu. Das Mietverhältnis sei nicht zu Ende Juli 2023 beendet worden. Denn eine Befristung des Mietverhältnisses sei vorliegend nicht wirksam vereinbart worden. Es fehle insofern am Vorliegen eines Befristungsrundes gemäß § 575 BGB.
Kein Vorliegen einer vorübergehenden Gebrauchsüberlassung
Die Vorschrift des § 575 BGB sei nicht gemäß § 549 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, so das Amtsgericht. Denn eine vorübergehende Gebrauchsüberlassung im Sinne von § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB liege nicht vor. Eine Anmietung zu Studienzwecken stelle keinen Anlass dar, der per se die Kurzfristigkeit der Gebrauchsüberlassung begründet. Denn ein Studium könne sich über mehrere Jahre erstrecken.
Dauer des Mietverhältnisses spricht gegen Kurzfristigkeit
Zudem spreche nach Auffassung des Amtsgerichts die Dauer des Mietverhältnisses gegen eine Kurfristigkeit. Schon die erste Befristung von sechs Monaten lasse die Annahme einer vorübergehenden Gebrauchsüberlassung als fernliegend erscheinen.
Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema: Zeitlich befristete Anmietung einer Wohnung zwecks Verfassung der Promotion nicht vergleichbar mit Anmietung eines Hotelzimmers oder einer Ferienwohnung (Landgericht Berlin, Urteil - 65 S 101/19 -)
Amtsgericht Berlin-Kreuzberg, ra-online (zt/GE 2024, 1205/rb)
Verkehrsrecht / Strassenverkehrsrecht / Schadensersatzrecht [15.01.2025]
Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten trotz wirtschaftlichen Totalschadens bei Möglichkeit der Reparatur innerhalb der 130%-Grenze
Voraussetzung ist fachgerechte Reparatur und weitere Nutzung des Fahrzeugs
Trotz wirtschaftlichen Totalschadens kann der Geschädigte Ersatz der Reparaturkosten verlangen, wenn die Reparatur innerhalb der 130%-Grenze ausgeführt werden kann. Zudem muss die Reparatur fachgerecht ausgeführt werden und der Geschädigte das Fahrzeug weiter nutzen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Bei einem Verkehrsunfall im Februar 2015 wurde das Fahrzeug des Unfallgeschädigten erheblich beschädigt. Der Sachverständige ermittelte Reparaturkosten in Höhe von über 7.000 € brutto. Den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs errechnete der Sachverständige mit 4.500 € brutto. Den Restwert setzte er auf ca. 1.200 € brutto fest. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers regulierte den Schaden auf Basis des Widerbeschaffungsaufwands. Der Unfallgeschädigte ließ das Fahrzeug zu einem Preis von gerundet 5.700 € brutto reparieren und nutzte das Fahrzeug weiter. Er klagte anschließend auf Zahlung der Differenz zwischen den angefallenen Reparaturkosten und der Zahlung der Versicherung. Sowohl das Amtsgericht Fürstenwalde als auch das Landgericht Frankfurt (Oder) gaben der Klage statt. Dagegen richtete sich die Revision der beklagten Versicherung.
Anspruch auf Ersatz der angefallenen Reparaturkosten
Der Bundesgerichtshofs führte zum Fall aus, dass die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs zwar wirtschaftlich unvernünftig sei, wenn der Reparaturaufwand den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 % überteigt. In einem solchen Fall, könne der Geschädigte grundsätzlich nur den Ersatz des Wiederbeschaffungswerts abzüglich des Restwerts verlangen. Kann aber der Geschädigte entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die erforderliche Reparatur innerhalb der 130%-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, und stelle er damit den Zustand seines Fahrzeugs wie vor dem Unfall wieder her, könne er die angefallenen Reparaturkosten ersetzt verlangen.
Vorinstanzen: Amtsgericht Fürstenwalde, Urteil v. 02.08.2018 - 12 C 262/15 -Landgericht Frankfurt (Oder), Urteil v. 18.12.2019 - 16 S 70/19 -
Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
Verwaltungsrecht [15.01.2025]
Gemeinden dürfen Dauerwohnen und Fremdenbeherbergung in ein prozentuales Verhältnis setzen
Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag einer Privatperson gegen den Bebauungsplans Nr. 9 der Gemeinde Sankt Peter-Ording abgelehnt.
Mit einer Änderung des Bebauungsplans hat Sankt Peter-Ording für das Gebiet "Störtebeker Straße", einschließlich der Grundstücke "Am Deich 10 bis 12" sowie "Helgoländer Straße 22, 25 und 27" ein Sondergebiet "Dauerwohnen und Fremdenbeherbergung" festgesetzt, wobei bei der Errichtung von Wohngebäuden mindestens 30 % der Brutto-Grundfläche aller oberirdischen Geschosse für Dauerwohnungen zu verwenden sind. Durch diese Festsetzung soll bedarfsgerechter Wohnraum für die ortsansässige Bevölkerung gesichert bzw. zur Verfügung gestellt werden.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, auf dem sich nur Ferienwohnungen (insgesamt sechs) und keine Dauerwohnungen befinden. Die Folge der Änderung wäre, dass er im Falle einer Umbaumaßnahme sein Grundstück nicht mehr ausschließlich für die Fremdenbeherbergung nutzen könnte. Er rügte, dass es für die Festsetzung eines solchen Sondergebietes keine Rechtsgrundlage im Baugesetzbuch gebe.
Dem folgte das Gericht nicht. Zur Begründung führte der 1. Senat - abweichend von der älteren Rechtsprechung (OVG Schleswig, Urteil vom 16. Juni 2020 - 1 KN 18/15 -, juris Rn. 79) - aus, dass die Gemeinde im Bebauungsplan das Verhältnis von Dauerwohnen und Fremdenbeherbergung bei der Errichtung von Wohngebäuden in ein prozentuales Verhältnis setzen durfte und es dafür in einem Sondergebiet eine Rechtsgrundlage im Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung gibt.
Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Innerhalb eines Monats nach deren Zustellung kann der Antragsteller Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erheben, über die dann das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hätte.
Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, ra-online (pm/pt)
Staatsrecht / Verfassungsrecht [15.01.2025]
Verfassungsgerichtshof NRW kann möglichen Verstoß des NRW-Haushaltsgesetz 2023 gegen die Schuldenbremse nicht prüfen
Unzulässige abstrakte Normenkontrolle zum NRW-Haushaltsgesetz 2023
Die Einhaltung der – für den Haushaltsgesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen verbindlichen – Schuldenbremse unterliegt nicht der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof. Das hat der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen entschieden und einen Normenkontrollantrag zum Haushaltsgesetz 2023 als unzulässig verworfen. Eine inhaltliche Entscheidung darüber, ob der Landeshaushalt für das Jahr 2023 gegen die Anforderungen der Schuldenbremse verstößt, ist deshalb nicht ergangen.
Der Landtag Nordrhein-Westfalen stellte in seiner Plenarsitzung vom 20. Dezember 2022 durch Beschluss fest, dass die durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Krisensituation im Jahr 2023 eine außergewöhnliche Notsituation begründe, die sich der Kontrolle des Staates entziehe und die Finanzlage des Landes Nordrhein-Westfalen erheblich beeinträchtige. Am selben Tag beschloss der Landtag das Haushaltsgesetz 2023. In seiner Sitzung vom 21. Dezember 2022 verabschiedete der Landtag das NRW-Krisenbewältigungsgesetz. Dadurch wurde das Sondervermögen "Bewältigung der Krisensituation in Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine" errichtet. Das Haushaltsgesetz 2023 enthält in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 die Ermächtigung des Ministeriums der Finanzen zur Aufnahme von Kreditmitteln bis zum Höchstbetrag von 5 Mrd. Euro zur Finanzierung der Aufgaben dieses Sondervermögens. Damit verbunden ist in § 2 Abs. 1 Satz 3 Haushaltsgesetz 2023 die Regelung, dass die danach aufgenommenen Kreditmittel ab dem Jahr 2024 innerhalb von 25 Jahren konjunkturgerecht getilgt werden.
Die Mitglieder der NRW-Landtagsfraktionen der SPD und FDP haben einen Normenkontrollantrag zur verfassungsgerichtlichen Überprüfung dieser Kreditermächtigung und Tilgungsregelung gestellt. Sie machen geltend, die beanstandete Norm des Haushaltsgesetzes 2023 sei verfassungswidrig, weil sie mit den maßgeblichen Regelungen zur Schuldenbremse unvereinbar sei. Die Voraussetzungen der "Notlagenausnahme" seien nicht erfüllt.
Der Verfassungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag als unzulässig verworfen. In ihrer mündlichen Urteilsbegründung hat die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Dr. h.c. Dauner-Lieb unter anderem ausgeführt:
Dem Verfassungsgerichtshof ist eine Überprüfung, ob das Haushaltsgesetz 2023 gegen die Schuldenbremse verstößt, nicht zugänglich. Die landeshaushaltsrechtlichen Bestimmungen können vom Verfassungsgerichtshof im Wege der abstrakten Normenkontrolle nur am Maßstab der Landesverfassung überprüft werden. Eine Kontrolle anhand von Regelungen des Grundgesetzes oder einfachgesetzlicher Vorschriften ohne Verfassungsrang ist unzulässig. Eine landesverfassungsrechtliche Regelung der Schuldenbremse, anhand derer der Verfassungsgerichtshof das Haushaltsgesetz überprüfen könnte, gibt es aber nicht.
Das in Art. 109 Abs. 3 Satz 1 GG enthaltene grundsätzliche Verbot der Nettokreditaufnahme gilt seit dem 1. Januar 2020 zwar unmittelbar auf Basis des Grundgesetzes und ist damit auch für die Länder verbindlich. Die in Art. 109 Abs. 3 Satz 5 GG vorgesehene nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder erfolgte in Nordrhein-Westfalen aber nicht in der Landesverfassung, sondern in der Landeshaushaltsordnung (§§ 18 bis 18h LHO) und damit durch einfaches Gesetz ohne Verfassungsrang.
Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/pt)
Dieser Service wird unterstützt von ra-newsflash.
|